Der tschechische Freediver David Vencl brach einen Weltrekord
Die Auslöser der Fotoapparate sind verstummt, die Mikrofone der Reporter sind schon in den Autos verstaut und der bereits entspannte David Vencl bringt zum Interview mit Vojta Žák auch seine Mitarbeiter Libor Mattuš und Veronika Allister mit:
David, wir gratulieren zum neuen Weltrekord! Jetzt warten wir noch auf die Bestätigung des Guinness-Rekords, nicht wahr?
Ja, so ist es. Ich danke vielmals.
Was war für den Rekordversuch das Wichtigste?
Einen klaren Kopf zu behalten und sich auf den konkreten Moment zu konzentrieren. Sie können nicht daran denken, was in 5 Metern oder in 5 Sekunden sein wird. Sie müssen einfach genau an das Tempo denken, mit dem Sie schwimmen, wie die Beine arbeiten und wie die Arme arbeiten. Und sobald Sie daran denken, was in 10 Sekunden, in 10 Metern sein wird, dann sind Sie nicht mehr bei der Sache und nicht mehr konzentriert – Konzentration ist dabei sehr wichtig.
Was bedeutet es für dich, dass du einen Weltrekord aufgestellt hast?
Ich muss sagen, dass mir die meiste Freude die Nachrichten bereitet haben, die mir die Leute vorab geschrieben haben. Das hier ist nur noch die Kirsche auf der Torte, dass es eigentlich nicht so sehr um diesen Rekord geht (das wird jetzt vielleicht etwas pathetisch klingen), sondern um den Weg dorthin. Ich habe es zu etwas gebracht, das war hartes Training, Kopfarbeit und jetzt schaut euch an, wie viele Leute mir hier helfen. Um ehrlich zu sein, ich dachte, dass wenn ich wieder auftauche und diesen Rekord schaffe, dann Friede auf Erden herrschen und der Lauf der Welt ein anderer sein wird, aber so ganz wird es wohl nicht sein, also gehe ich davon aus, dass ich heute Nachmittag mit meiner Familie spazieren gehe und ich das nicht so sehe wie „jetzt wird alles anders“. Natürlich ist das für mich eine Motivation und ich denke, dass das noch so weitergeht. Wir werden uns noch etwas anderes überlegen. Diese Kombination von Freediving und Abhärtung ist magisch, auch wenn es wehtut, aber ich denke, dass wir uns noch was überlegen werden, mir schwebt da schon was vor, aber jetzt brauche ich erstmal eine Pause.
Wie und wann ist die Idee vom „Rekord“ aufgekommen?
Im August 2019, als ich hier in Teplice im Rahmen meines Trainings die Treppen lief. Da brodelte was in meinem Kopf und ich habe versucht, das irgendwie raus zu bekommen. Und als wir Code of Life kennengelernt haben, haben wir diese Idee weiterentwickelt. Aber erst Honza Allister brachte die Sache in eine klare Form. Und dann kam da eine ganze Reihe von Leuten dazu, einschließlich jener, die uns hier den Teich gegossen haben, damit es diese 31 Zentimeter werden.
Wir wissen, dass du im Training schon 90 m geschwommen bist, heute waren es 80 m, also gibt es da noch eine Reserve? Rechnest du damit, dass du das noch übertreffen werden musst? Fällt dir jemand ein, der jetzt versuchen könnte, dich zu übertreffen?
Ja, ich weiß von jemandem, der mich nächstes Jahr übertrumpfen wollen würde. Im März 2022. Ich weiß nicht genau, was er plant. Ob er einen Guinness-Rekord schwimmen will – das bedeutet ohne Badekappe. Oder ob er mit Badekappe schwimmen will und darauf wartet, bis der Freediving-Verband CMAS diese Disziplin einträgt. Das bedeutet, dass man auch Weltrekorde wird schwimmen können. Ich weiß nicht genau, was er plant. Jedenfalls hat er mir geschrieben, dass er sich auf meine Leistung freut. Und ich denke, dass er froh ist, dass ich nicht so viel geschwommen bin; wie über diese 80,9 m hinaus. Ich denke, dass er ein wenig nervös war, ob ich nicht die Hundert mache und er nicht umso mehr trainieren muss.
Also diese Hundert, so ein Unterschied wäre wohl schon sehr zu spüren?
Klar. Die meisten Leute, die schon so unter dem Eis geschwommen sind, wie etwa Johanna Nordblad oder Amber Fillary, die letztes Jahr siebzig geschwommen ist, die sind aufgetaucht und sagten: „Oh Mann, das war ja viel einfacher, als wir erwartet hatten.“ Nur Möglichkeiten, das auszuprobieren, gibt es nicht so viele. Das heißt also, dass jeder ersthafte Versuch über eine solche Distanz vielleicht dein fünfter im Leben ist. Auch deshalb sagen die Leute: „Ich würde auch mehr schaffen.“ Heute habe ich mich auch hervorragend auf diesen 80 Metern gefühlt und habe mir gesagt: „Pff, also die Neunzig wären auch kein Problem gewesen.“
Du bist primär Freediver, hast aber das Tauchen mit der Abhärtung und dem Eisschwimmen verbunden. Denkst du darüber nach, einen ähnlichen Rekord unter dem Eis mit Flossen zu schwimmen? Gibt es da eine Herausforderung, bei der du dir gesagt hast: „Ej, dass könnte man mal probieren?“
Ich persönlich denke, dass wenn ich 120 m mit Flossen schwimmen sollte, dann wäre das einfacher. Das hat aber noch keiner versucht. Also so etwas zu schwimmen, ist sicher eine mögliche Variante. Persönlich neige ich eher dazu, dass ich versuchen würde, nur in Badehose 50 m in die Tiefe zu schwimmen. Das bedeutet 50 runter und 50 muss ich natürlich wieder hochkommen. Diesmal mit einer Monoflosse.
Bevor David unter dem Eis verschwand, machte er Atemübungen. Was ist der Unterschied zwischen Davids Vorbereitung, der im Eiswasser 80 m schwimmen wollte, gegenüber einer Person, die sich nur auf das Abhärten oder ein paar Stöße vorbereitet? Gibt es da bei der Vorbereitung einen Unterschied, Libor?
Der Unterschied ist natürlich gewaltig, weil David den Körper auf eine viel höhere Leistung einstellen muss. Aber prinzipiell sind diese Techniken sehr ähnlich, da der Körper in beiden Fällen auf der Basis derselben Mechanismen arbeitet. Wenn wir uns warmmachen wollen, dann ist also tiefes Atmen, Trainings-Hyperventilation oder auch Konzentration, von der David sprach, bei uns allen absolut ausschlaggebend.
Wir wissen, dass ihr in Zusammenarbeit mit der App Adrex Places „zertifizierte“ Orte für das Abhärten vorbereitet. Welche sind die beliebtesten, Veronika?
Ich persönlich liebe die Natur. In Tschechien haben wir jede Menge Seen. Dieses Jahr würde ich gern noch den Rozkoš schaffen wollen, das ist unser tschechisches Meer. Und in Anbetracht dessen, dass es schon etwas wärmer wird, hoffe ich, dass ich das noch schaffe. Aber der Stausee Hostivař in Prag ist auch super. Wir haben hier auch jede Menge Steinbruchseen.
Wo geht ihr gern hin? Oder ist das egal, Libor?
Es geht nicht einmal so sehr darum, wo man sich abhärtet, sondern vor allem wie man es vernünftig macht, allmählich und langsam. Dass dieser Trend nicht in einem oder zwei Wintern vorübergeht. Dank dessen, was David geleistet hat, hat er große Aufmerksamkeit auf Atemübungen und die Kältetherapie gelenkt. Wir wollen den Leuten jetzt Anleitungen und praktische Tipps geben, dass sie auf der Basis dessen, was David macht und erprobt hat, in der Lage sind, dieses Kälte-Atemtraining auch unter häuslichen Bedingungen zu realisieren und dadurch ihr tägliches Erlebnis zu verbessern.
Ist das auch die Vision des Czech Iceman, Veronika?
Ja, dass Sie es von null bis zu einem Rekord schaffen können. Gleichzeitig will David die Leute dazu inspirieren, dass diese Herausforderungen überwiegend in unseren Köpfen stecken. Sobald wir sie überwinden, kann sich jeder abhärten und damit auch seinen Gesundheitszustand verbessern und eine bessere Version seiner selbst erhalten.
Und ist das nur eine Kopfsache, David?
Die Grenzen unseres Organismus stecken allein in unserem Kopf. Der Organismus ist zu unglaublichen Dingen fähig. Bei diesen extremen Leistungen sehen wir Individuen, die es im Kopf höher oder weiter geschafft haben. Wenn wir jemandem Ratschläge geben wollen, dann ist es immer besser, ein, zwei oder drei Level höher zu sein und es selbst ausprobiert zu haben.
Wenn jemand mit dem Abhärten, dem Eisschwimmen, eventuell auch mit dem Tauchen beginnen möchte, wo kann er sich informieren, Libor?
Eisschwimmen ist schon ein recht fortgeschrittenes Level, dem x allmähliche Schritte vorausgehen. Empfehlungen findet ihr auf www.czechiceman.cz, wo wir allerhand Informationen zur Vorbereitung auf den Rekord veröffentlicht haben, und dort finden sich auch Trainingstipps, die jeder von uns anwenden kann. Mehr fachspezifische Dinge veröffentlichen wir dann auf www.codeoflife.cz.
Wir danken für eure Antworten und nochmal: Herzlichen Glückwunsch!
Über den „Weg des Eismanns“ erfahrt ihr mehr in unserem Artikel hier.
Ein Video vom Rekordversuch findet ihr bald auf YouTube und bald auch auf www.adrex.tv.
Weitere Links und Informationen: www.czechiceman.cz und www.davidvencl.cz
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